Jeder von uns hat bereits vom Freistilschwimmen gehört. Nicht selten wird es aber gleichgesetzt mit dem Kraulschwimmen. Freistil und Kraul sind für viele dieselbe Schwimmlage. Schaut man sich bei den olympischen Spielen 100 Meter Freistil an, sieht man die Top Athleten aus aller Welt ebenfalls immer nur die Kraullage schwimmen.
Allerdings ist Kraulschwimmen und Freistil nicht dieselbe Schwimmlage. Im Gegenteil, die beiden Schwimmlagen haben nichts miteinander zu tun. Im folgenden Blogartikel zeigen wir dir den Unterschied zwischen dem Kraulschwimmen und dem Freistilschwimmen und wann die Freistiltechnik geschwommen werden darf und wann die Kraultechnik.
Was versteht man unter Freistil beim Schwimmen?
Freistil bedeutet nicht Kraulschwimmen, sondern dass der Schwimmer seine Schwimmtechnik frei aussuchen darf und somit die Schwimmlage schwimmen darf, die er schwimmen möchte.
Dementsprechend darf man beim Freistilschwimmen sich aussuchen, ob man lieber Rücken-, Kraul-, Schmetterling-oder Brustschwimmen möchte.
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Laut den Regeln der World Aquatics (ehemals FINA), dem Dachverband aller nationalen Schwimmverbände, gelten beim Freistilschwimmen kaum Einschränkungen. Die einzige Einschränkung besteht darin, dass die Schwimmer nicht die gesamte Bahn tauchen dürfen, sondern dass ein Körperteil konstant die Wasseroberfläche durchbrechen muss.
Erlaubt ist lediglich, nachdem Start sowie der Wende 15 Meter unter Wasser zu tauchen. Danach muss ein Körperteil konstant die Wasseroberfläche durchbrechen. Ansonsten darf man sich die Schwimmlage frei aussuchen.
Freistil ist also kein Kraul, sondern bedeutet, dass man die Lage frei wählen darf.
Warum Kraulschwimmen bei (Freistil-)Wettkämpfen dominiert
Trotzdem bleibt die Frage, warum so viele Freistil mit Kraulschwimmen gleichsetzen.
Warum ist das so?
Bei Schwimmwettkämpfen wie bei Olympia beispielsweise, bei dem die meisten Menschen schwimmen schauen, wird bei 100 Meter Freistil immer Kraul geschwommen. Hierbei dürfen die Athleten sich die Schwimmlage frei aussuchen, alle entscheiden sich aber für Kraul, weil es mit Abstand die schnellste Schwimmlage ist.
Noch deutlicher wird es, wenn wir einen Blick auf die Weltrekordzeiten der Frauen und Männer werfen. Hier sind die schnellsten Zeiten auf 100 Metern auf einer 50 Meter Bahn;
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Hier sehen wir klar, dass das Kraulschwimmen bei den Männern und Frauen mit Abstand die schnellste Schwimmlage ist.
Wenn wir also einen Schwimmwettkampf über 100 Meter Freistil sehen und alle Teilnehmer Kraulschwimmen, setzt man es schnell gleich mit Kraulschwimmen. Dabei wird Kraul nur geschwommen, weil es schneller als das Brustschwimmen und die anderen Schwimmlagen ist.
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Warum Freistil nicht in Kraulschwimmen umbenannt wird
Wenn alle bei den Freistildisziplinen Kraulschwimmen, wieso benennt man es nicht um und sorgt für Klarheit?
Dagegen sprechen vor allem drei Dinge:
Freiheit /Disqualifikation
Da der Begriff ursprünglich einführt wurde, um eine Disziplin zu haben, bei der die Freiheit der Schwimmlage im Vordergrund stehen soll, sollte dies auch so bleiben.
Auch eine Disqualifizierung beim Schwimmen ist durch diese Freiheit in der Regel nicht möglich. Dadurch hat jeder die Möglichkeit bei einem Wettkampf anzutreten, auch wenn die Schwimmtechnik nicht fehlerfrei ist.
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Bei allen anderen Schwimmlagen ist die Technik genau vorgegeben und jede Abweichung führt zu einer Disqualifikation. Eine Umbenennung von Freistil in Kraul würde ebenfalls zu einer Technikvorgabe führen, wie das Kraulschwimmen auszusehen hat. Dadurch würde man es wieder extrem einschränken und es würde zu viel mehr Disqualifikationen führen, sobald die Technik nicht perfekt ausgeführt wird.
Inklusion aller Menschen
Gerade für Anfänger oder Menschen mit einer Behinderung haben ohne enge Technikvorgaben die Möglichkeit an Wettkämpfen teilzunehmen.
Diese Flexibilität ist besonders wichtig für die Inklusion von Menschen, die möglicherweise nicht in der Lage sind, die Kraultechnik in ihrer fehlerfreier Form auszuführen, aber trotzdem an Schwimmwettkämpfen teilnehmen möchten. Durch den Erhalt des Begriffs "Freistil" bleibt Raum für unterschiedliche Techniken, die Menschen mit Behinderungen nutzen können, um Schwimmen zu praktizieren und an Wettbewerben teilzunehmen.
Ein Umbenennen in "Kraulschwimmen" könnte diese Inklusionsmöglichkeiten daher sehr einschränken.
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Historische und traditionelle Gründe
Der Begriff „Freistil“ hat sich seit etlichen Jahrzehnten in der Schwimmwelt etabliert. Ursprünglich wurde er eingeführt, als im internationalen Wettbewerb eine Technik ohne festgelegte Regeln eingeführt wurde.
Heute ist"Freistil" als Begriff tief in der Schwimmsportgeschichte verwurzelt und symbolisiert eine lange Tradition. Ein Umbenennen in"Kraulschwimmen" würde diese historische Bedeutung verwässern und könnte zu Verwirrung führen, da Freistil auch für andere Schwimmtechniken stehen könnte, die je nach Wettkampfbedingungen angewendet werden.
Wann darf man Freistil schwimmen und wann Kraul?
Allerdings bedeutet das nicht, das man automatisch immer Freistil schwimmen darf. Es gibt bei bestimmten Schwimmlagen vorgaben, die das Freistil schwimmen einschränken.
Ausnahme bei 100/200/400 Metern Lagen
Beim Lagenschwimmen muss man alle vier Disziplinen unter Beweis stellen. Nach 25/50 oder 100 Metern, wird die Lage gewechselt. Gestartet wird dabei mit dem Schmetterlingsschwimmen, gefolgt vom Rückenschwimmen sowie dem Brustschwimmen. Den Abschluss des Lagenschwimmens macht das Freistil schwimmen.
Hier besagt das Regelwerk des Schwimmverbandes allerdings, dass auf der letzten Teilstrecke kein Brust-,Rücken-, oder Schmetterling geschwommen werden darf.
Dementsprechend muss man hier Kraulschwimmen, obwohl es Freistil heißt.
Ausnahmefall Ryan Lochte
US-Schwimmstar Ryan Lochte sorgte bei der WM 2015 in Kasan für Aufsehen, als er bei den 200m Lagen eine umstrittene Wendentechnik nutzte. Bei den letzten 50 Meter Freistil stieß er sich in Rückenlage von der Wand ab und machte die Unterwasserkicks in Rückenlage. Seine Begründung war es, dass die Kicks unter Wasser nicht zum Rückenschwimmen dazu gehören und daher unter Freistil fallen.
Im folgenden Video von 1:58-2:18 sieht man die Technik von Ryan Lochte sehr gut;
Diese Technik, die bei Freistilstrecken erlaubt ist, verstößt bei Lagendistanzen gegen die Regeln. World Aquatics (FINA) stellte nun klar, dass diese „Lochte-Technik“ als Rückenschwimmen zählt und auf der Freistil-Teilstrecke verboten ist. Künftig führt sie zuDisqualifikationen. Lochte behielt in Kasan dennoch seinen WM-Titel, da die Regelung erst jetzt präzisiert wurde.
Dementsprechend gilt bei allen Freistil Distanzen, dass die Schwimmer sich die Lage aussuchen dürfen, mit Ausnahme der drei Lagenstrecken.
Warum ist Kraulschwimmen die schnellste Schwimmlage beim Freistil
Gerade für Anfänger mag es verwunderlich sein, dass das Kraulschwimmen die schnellste Schwimmlage ist. Wenn man zu Beginn das Brustschwimmen gelernt hat und beim Kraulschwimmen mit der richtigen Technik noch Probleme hat, kommt man oft beim Kraulschwimmen nicht so schnell voran.
Dennoch gibt es gute Gründe, warum das Kraulschwimmen die schnellste Schwimmlage ist.
Hydrodynamische Körperposition
Beim Schwimmen geht es immer darum, möglichst wenig Wasserwiderstand zu haben. Je weniger Wasserwiderstand wir haben, desto schneller sind wir im Wasser. Beim Kraulschwimmen liegt man in einer gestreckten Wasserlage, bei der die Beine knapp unterhalb derWasseroberfläche liegen. So haben wir beispielsweise deutlich weniger Wasserwiderstand als beim Brustschwimmen.
Bei der Brusttechnik sind die Beine deutlich tiefer im Wasser und der Kopf mehr aus dem Wasser, was wiederum mehr Wasserwiderstand erzeugt.
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Kontinuierlicher Antrieb
Durch die konstanten Bewegungen gibt es beim Kraulschwimmen keine/kaum Pausen. Zudem sind Arme und Beine immer gleichzeitig in Bewegung, was den Antrieb maximiert. Beim Brustschwimmen agieren Arme und Beine nicht immer gleichzeitig, wodurch man beim Schwimmen auch deutlich weniger Antrieb hat.
So kann die Kraft ins Wasseroptimal übertragen werden und in maximalen Vortrieb umgewandelt werden.
Effiziente Atmung
Das Kraulschwimmen, gerade auf kurzen Strecken ermöglicht es, nicht zu atmen. Bei den olympischen Spielen ist es im Finale von 50 Meter Freistil üblich, dass ein Großteil der Athleten nicht atmen. Dies führt zu einer perfekten Wasserlage und so zu einer noch schnelleren Zeit.
Fazit zum Freistilschwimmen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Freistilschwimmen kein Kraulschwimmen ist. Im Gegenteil, es ermöglicht allen Schwimmern, sich im Wasser frei fortbewegen zu können. Es wird nur häufig mit dem Kraulschwimmen gleichgesetzt, weil das Kraulschwimmen immer genutzt wird. Dies liegt daran, dass es mit Abstand die schnellste Schwimmlage ist.
Eine Änderung vom Freistilschwimmen zum Kraulschwimmen würde allerdings den Schwimmsport extrem einschränken sowie alle Teilnehmende. Damit möglichst viele Menschen am Schwimmsport teilnehmen können und man sich frei entfalten kann, sollten die Freistildisziplinen unbedingt erhalten bleiben und nicht in Kraulschwimmen unbenannt werden.
Falls du darüber hinaus Interesse hast, das Kraulschwimmen richtig zu lernen, begleiten wir dich auf diesem Weg gerne mit unserem Kraulkurs für Erwachsene.
LG Albrecht